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LG Dessau-Roßlau: Vertrieb von Arzneimitteln über Amazon verstößt gegen Datenschutzrecht

LG Dessau-Roßlau: Vertrieb von Arzneimitteln über Amazon verstößt gegen Datenschutzrecht 2508 1672 Thomas Utzerath

Worum geht es?
Das Landgericht Dessau-Roßlau hat mit Urteil vom 28.3.2018 entschieden, dass der Vertrieb von Arzneimitteln durch einen Apotheker über die Internetplattform Amazon gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstößt, sofern der Apotheker und/oder Amazon zuvor keine datenschutzrechtliche Einwilligungserklärung des Kunden eingeholt haben, die sich explizit auf die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung seiner Gesundheitsdaten bezieht. Die datenschutzrechtlichen Regelungen in § 4a Abs. 3 BDSG i.V.m. § 3 Abs. 9 BDSG stellten zugleich Marktverhaltensregelungen dar, deren Verletzung wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche von Mitbewerbern begründeten.

Hintergrund der Entscheidung:
Der beklagte Apotheker hatte über die Internetplattform Amazon apothekenpflichtige Arzneimittel zum Kauf angeboten. Im Rahmen des Registrierungs- bzw. Bestellprozesses (soweit der Kunde bereits registriert war) hatte der Kunde lediglich allgemein in die Erhebung und Speicherung seiner persönlichen Daten eingewilligt, nicht jedoch in die Verwendung seiner besonders geschützten gesundheitsbezogenen Daten (§ 3 Abs. 9 BDSG). Das Gericht hat insoweit die Auffassung vertreten, dass alle Angaben, die direkt oder indirekt Informationen zu den in § 3 Abs. 9 BDSG angesprochenen Datenkategorien vermittelten, zu den sensitiven Daten gehörten. Auf die Korrektheit der Schlüsse, die sie nahelegten, komme es insoweit nicht an.
Die Einwilligung des Kunden müsse sich gemäß § 4a Abs. 3 BDSG neben der allgemeinen Einwilligung zur Datenverarbeitung ausdrücklich auf diese Daten beziehen. Der Einwilligung müsse mithin zu entnehmen sein, um welche der in § 3 Abs. 9 BDSG aufgezählten Kategorien es sich im Einzelnen handele und in welchem Kontext sie unter welchen Bedingungen für welche Zwecke verwendet werden sollten. Daran fehlte es im Streitfall. Weder hatte der Beklagte selbst eine solche konkrete Einwilligung von den Kunden verlangt noch diese über Amazon erhalten. Nach Ansicht des Gerichts handelt es sich bei den für eine Bestellung von Arzneimitteln möglichen und typischen Hinweisen auf eventuell dahinterstehende Krankheiten oder gesundheitliche Situationen der betroffenen Kunden um eine besondere Art personenbezogener Daten.
Eine Ausnahme vom Einwilligungserfordernis gemäß § 28 Abs. 6 bzw. § 28 Abs. 7 BDSG komme ebenfalls nicht in Betracht. Die Voraussetzungen von § 28 Abs. 6 BDSG, wonach die Datenerhebung u.a. zum Schutz lebenswichtiger Interessen des Betroffenen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern der Betroffene aus physischen oder rechtlichen Gründen außerstande ist, seine Einwilligung zu geben, lägen im entschiedenen Sachverhalt nicht vor. Ebenso wenig seien die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes in § 28 Abs. 7 BDSG erfüllt. Danach ist die Erhebung gesundheitsbezogener Daten zulässig, wenn dies u.a. zum Zwecke der Gesundheitsvorsorge erforderlich ist und die Verarbeitung der Daten durch Personen erfolgt, die einer Geheimhaltungspflicht unterliegen. Dies trifft auf Apotheker selbst zwar zu, nicht jedoch auf die datenerhebende Internet- Handelsplattform. Diese komme vorliegend mit Daten in Kontakt, die nicht der besonderen Verschwiegenheits- und Geheimhaltungspflicht eines Apothekers unterliegen und sei zudem nicht in den Organisationsablauf seiner Apotheke eingebunden. Dadurch würden sowohl datenschutzrechtliche Vorschriften als auch Vorschriften des Apothekengesetzes und der Apothekenbetriebsordnung verletzt.
Auch läge der für einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch erforderliche Marktbezug gemäß § 3a UWG vor.
Gerade durch die Einschaltung der Plattform Amazon für den Vertrieb der Arzneimittel des beklagten Apothekers würden die dabei erhobenen Daten als wirtschaftliches Gut wie eine Ware verwendet und gespeichert. In diesem Zusammenhang sei eine Marktrelevanz gegeben, denn die dabei erlangten Daten könnten für Werbezwecke oder andere kommerzielle Zwecke verwendet werden. Es läge ein deutlicher Bezug zum Marktgeschehen vor.

Fazit:
Wer als Apotheker Heilmittel jeglicher Art, neben Arzneimitteln u.a. auch Medizinprodukte, im Versandhandelsweg über von Dritten angebotene Handelsplattformen wie etwa Amazon vertreibt, setzt sich einem erheblichen Abmahnrisiko aus. Es muss daher durch geeignete Vorkehrungen sichergestellt werden, dass der Kunde im Rahmen des Registrierung- bzw. spätestens des Bestellvorgangs ausdrücklich in die Verwendung seiner gesundheitsbezogenen Daten einwilligt.